top of page

In andere Welten schauen


Nordwesten, der Platz der Seherin/des Sehers und der Ahn*innen




Am Platz des Nordwestens im Regenbogenmedizinrad begegnen wir der Seherin bzw. dem Seher und unseren Ahnen. Nicht umsonst sind es gerade diese beiden, ist es doch die übersinnliche Welt, in die wir eintauchen, wenn wir unsere hellen Sinne nutzen.



Auf dem Platz des Westens im Regenbogenmedizinrad war die Intuition Thema, die Stimme unserer Seele, die uns daran erinnert, mit einem größeren Ganzen verbunden zu sein, unabhängig davon, wie wir es nennen sei es Gott/Göttin, Schöpfung oder schlicht Leben. Nun im Nordwesten begegnen wir der Seherin/dem Seher in uns, unsere intuitive Wahrnehmung dehnt sich und mit ihr wachsen unsere übersinnlichen Fähigkeiten. Was ist es, was sich hinter seherischen Qualitäten verbirgt und können wir das alle oder nur Auserwählte unter uns?


Die Intuition meldet sich als der erste Impuls, der klar und deutlich zu uns spricht, bevor der Verstand etwas in Gedanken kleiden und ein Filter an Erfahrungen und mit ihnen verknüpften Emotionen das Geschehen verzerren kann. Das wäre bereits der Zeitpunkt, wo uns möglicherweise erste Unsicherheiten und Zweifel erreichen und unser Handeln beeinflussen. In der Kindheit ist die Intuition unser ureigenes Werkzeug, häufig verbunden mit einem unmittelbaren Zugang zu den anderen Welten. Kinder sehen imaginäre Freunde, vielleicht verstorbene Verwandte oder nehmen die Wesen des Waldes wie Elfen oder Zwerge wahr, was von Erwachsenen, die den Zugang zu den Anderswelten verloren haben als Einbildung abgetan wird. Wenn den Kindern nun nicht geglaubt und vielleicht auch noch Erfahrungen hinzukommen, in denen gelernt wird, dass wir uns nur geliebt fühlen, wenn wir so sind, wie es jemand von uns erwartet, dann verlieren wir sukzessive unser Vertrauen in die intuitive Stimme und damit wird oftmals der sechste Sinn verschüttet.



„Der intuitive Geist ist ein heiliges Geschenk und der rationale Verstand ein treuer Diener. Wir haben eine Gesellschaft erschaffen, die den Diener ehrt und das Geschenk vergessen hat.“ Albert Einstein



Neben unseren fünf Alltagssinnen Sehen, Hören, Fühlen, Riechen und Schmecken können wir unsere Wahrnehmung wieder öffnen für das, was „hinter“ den Dingen liegt. Unsere Hellfühligkeit erlaubt uns etwa zu erkennen, dass das was ein Mensch uns sagt und das was er tatsächlich tut ambivalent ist, es liegt eine andere Wahrheit dahinter. Oder wir fahren im Straßenverkehr an einer Stelle aus irgendeinem Grund, der scheinbar nicht benennbar ist, extra langsam, um hinter der uneinsichtigen Kurve ein auf unserer Seite entgegenkommendes Auto zu sehen, das uns ohne das zuerst unerklärbare Verhalten und Einlenken gefährlich geworden wäre. Etwas in uns hat uns in die Zukunft sehen lassen.


Wir haben im Alltag vielfach Beispiele für unsere Hellsinne, die wenn wir einmal aufmerksam darauf werden uns helfen, uns an diese Gabe zu erinnern, das Vertrauen an die Intuition und unsere Fähigkeiten zu nähren und sie uns mehr und mehr zurückzuerobern. Das können verschiedenste Schritte sein wie ein Gefühl, das gerade da ist zu visualisieren oder Beobachtungen der Natur zu machen, um im fließenden Wasser, den lodernden Flammen oder glühenden Holzstücken zu lesen oder in Trancereisen sich neugierig den Bildern zu öffnen, die sich einem zeigen möchten. Auch die eigenen Träume zu erforschen ist ein Zugang. Häufig ist es so, dass ein oder zwei dieser übersinnlichen Wahrnehmungen in uns stärker ausgeprägt sind, wie etwa Hellsichtigkeit und -fühligkeit. Auch hier lässt sich üben, unsere Wahrnehmungskanäle weiter zu öffnen und bewusst zu erforschen, wonach riecht es in einem Bild, was kann ich dort hören?


So können wir üben und üben unsere seherischen Fähigkeiten wieder zu erwecken und den Kontakt zu den Anderswelten herzustellen. Die Seherin, der Seher – sie wissen, dass wir einen Schritt nach dem anderen gehen müssen und keinen auslassen können. Wenn wir einen Samen in die Erde pflanzen, ist der nächste Schritt – auch wenn wir es vielleicht gerne möchten – nicht schon die Ernte der fruchtigen Erdbeere sondern es liegen viele andere dazwischen: das Keimen, das erste Durchstoßen der Pflanze aus der Erde, das Wachstum der Blätter und Blüten, das Bestäuben und dann das langsame Wachsen und Reifen der Frucht bis es an der Zeit ist zur Ernte. Es ist eine Übung in Geduld.



„Schildkröten können mehr von der Straße erzählen als Hasen.“ Khalil Gibran



Auf dieser Reise des Sehens mit dem Überschreiten der Grenzen zu den Anderswelten, blicken wir nicht nur in die Zukunft sondern ebenso in die Vergangenheit. Hier können wir unseren Ahnen begegnen. Im schamanischen Verständnis wird häufig davon gesprochen, dass sieben Generationen von Ahnen in uns wirken und wir damit – wenn wir das fortschreiben – selbst auf die sieben Generationen wirken, die nach uns kommen. Was sie erträumt, gedacht, gesagt und getan haben, hat sich in dieser Gegenwart realisiert.


Wir sind die Antwort unserer Ahnen auf ihre Träume und wir sind hier, um jene Veränderung in der Welt zu bewirken, von der sie träumten. Ihnen gebührt unser Dank, denn all ihre Kraft ist in uns verdichtet. Wenn wir alleine nur jeweils Mutter und Vater von uns selbst und aller nachfolgenden Personen nehmen – also Mutter und Vater unserer Mutter sowie unseres Vaters usw. über sieben Generationen – stehen wir damit an der Spitze eines Stammbaums von 254 Menschen – ein ganzes Dorf nur unmittelbare Familie!



„Wer in der Zukunft lesen will, muss in der Vergangenheit blättern.“ André Malraux



Diese Familienseele ist etwas ganz Besonderes, eine Summe an einzigartigen Menschenleben, Schicksale, die Freud- und Leidvolles erlebt haben, das in das Feld eingewoben wurde. Unsere Ahnen zu ehren, macht tiefen Sinn.

Wir können es tun, in dem wir ihnen danken, wie etwa zur Zeit von Samhain, wo die Tore zur geistigen Welt geöffnet sind und wir leichter Zugang finden. Wir können in selbst gestalteten Ritualen unsere Gebete sprechen, eine Kerze anzünden oder ihnen Essen darreichen. Doch auch alles, was wir in unserer Gegenwart an Verstrickungen auflösen und heilen, stärkt das Ahnenfeld, womit wir unsere Ahnen ehren und zeigt, dass wir selbst als Ahnin oder Ahne Verantwortung für die Zukunft übernehmen.





„Wenn es irgendeine Hoffnung gibt, gut zu leben auf dieser Erde, dann müssen wir die alten Wurzeln nehmen und neuen Saft hineingeben.“ Nicolas Chiriliu Tzutujil







Text & Bilder: Alexandra Neubauer


bottom of page